Für Sewan Latchinian war Uwe Johnson zunächst ein sagenumwobener Begriff aus der Ferne, mit dem eine gewisse Aura, ein Niveau, mitschwang. In Vorbereitung auf die Intendanz im Rostocker Volkstheater, für die sich der gebürtige Leipziger seit 2014 verantwortlich zeigt, stieß er auf jenen Namen, der so eng mit Rostock verbunden ist. Auf der Suche nach Rostocker und Mecklenburger Geschichten, die sich für das Theater eigneten, erhielt er den Tipp, das Erstlingswerk Uwe Johnsons, Ingrid Babendererde, zu lesen und auf die Bühne zu bringen. Da die 120. Spielzeit des Volkstheaters in das Jahr des 80. Geburtstages des Literaten fällt, konnte die Gelegenheit für dieses Vorhaben günstiger nicht sein und wurde folgerichtig in die Tat umgesetzt. Besonderen Reiz erhielt es durch die bestehende ›offene Rechnung‹ Johnsons mit der Universität Rostock aus dem Jahr 1953, die sich durch den Konflikt von FDJ und Junger Gemeinde auszeichnet und in Ingrid Babendererde aufgegriffen wird.
Uwe Johnsons Werke zeichnen sich für Sewan Latchinian, unter dessen Leitung das Senftenberger Theater 2006 als Theater des Jahres ausgezeichnet wurde, durch eine, im besten Sinne, eigene Sprache aus. Diese seien vertrackt, kauzig und außerordentlich, aber auch sehr sinnlich. Man spüre den Geruch der Scholle, den trotzigen Charakter des Autors sowie die Identität der Menschen, die in Rostock leben und gelebt haben.